Die Flucht aus Vettweiß und die Geschichte vom "Schmunzeln & Schummeln"
Am 05. Mai 2013 wurde der 86-jährige Zeitzeuge Josef Paulus in seiner Wohnung in Eschweiler-Weisweiler im Beisein seiner 85-jährigen Gattin Kathi Paulus von Theo und Kathi Pütz aufgesucht und zu zurückliegenden Geschehnissen befragt. Ihm wurde einige Wochen vorher in einem mehrseitigen Brief mitgeteilt, was der Anlass unserer heutigen Befragung sein werde. Als Anlage wurden ihm in Kopie die Zeitungsartikel über die Gründung des Heimat- und Geschichtsvereins Vettweiß beigefügt.
Josef Paulus erinnert sich wie folgt:
Ich konnte mich nun gedanklich schon ein wenig auf die heutige Befragung einstellen und ich habe auch ein altes Album gefunden, in dem Bilder aus meiner Zeit in Vettweiß enthalten sind. Es gibt sogar noch ein zweites Album, das ich noch heraussuchen muss. Da ich ein Hörgerät benutze, solltest Du mir möglichst laut und deutlich Fragen stellen.
Am 11.11.1926 wurde ich in Vettweiß als Sohn meiner Eltern Johann Paulus und Apollonia Paulus, geb. Tesch, geboren. Meine Mutter wurde aber allgemein immer Paula genannt. Zehn Jahre später kriegten wir am 19.08.1936 mit Johann Josef und Gertrud Paulus noch Zwillinge. Meine Schwester Gertrud starb jedoch schon drei Tage nach der Geburt und auch mein Bruder starb bereits im Alter von 10 Jahren, so dass ich dann allein von uns Kindern übrig blieb. Von ihm habe ich hier in meinem Album noch ein Bild.
Hier das angesprochene Bild meinen Bruders:
Wir wohnten in Vettweiß immer im selben Haus auf der Hauptstraße und hatten früher die Hausnummer 23.
Später wurde die Hauptstraße in Gereonstraße umbenannt und wir erhielten die Hausnummer 49. Unser Haus hat auch heute immer noch diese Anschrift.
Das Haus liegt schräg gegenüber der Schulstraße und befindet sich auf der leicht abschüssigen Gereonstraße rechts neben dem Haus, wo die Provinzialversicherung jetzt ist.
Aus Richtung Marktplatz kommend liegt das Haus auf der rechten Straßenseite.
Ja, das nächste wichtige Ereignis für ein Kind ist natürlich der Kindergarten. Das Jahr meines Eintritts dort kann ich nicht mehr sagen, ich bin ja spät im Jahr geboren und früher kam man meist mit drei oder vier Jahren dort hinein. Ich bin noch unten im Dorf in den Kindergarten gegangen, da wo die Schwestern von den Christlichen Schulen der Barmherzigkeit im Kloster untergebracht waren. Von ihnen wurde auch die Betreuung der Kinder durchgeführt. Zur Hauptstraße hin lag das Kloster und dahinter befand sich der Bereich des Kindergartens.
Wir gingen von der Rückseite - also dem heutigen Ulmenweg - an der Schreinerei Pieck vorbei in den Haupteingang des Kindergartens. Das heutige Gebäude des damaligen Klosters liegt links neben dem Haus der Sparkasse und wird meist als Villa bezeichnet. Die Sparkasse befand sich früher nicht weit von unserem Wohnhaus weg. Die Jüngeren von Euch werden das nicht mehr kennen, deshalb versuche ich mal, die Hausbewohner zwischen uns und dem Getränkehandel Rony Engels aufzuzeigen, deren Hausnummer Gereonstraße 61 war.
Unten im Haus Engels nach vorne hin wohnte die Familie Utzen, die hatten zwei oder drei Kinder. Über eine Treppe im Hof gelangte man in die obere Wohnung von Rony Engels und Kethe, geb. Tesch. Unter ihrer Wohnung nach hinten raus waren deren sogenannte Brauerei, d. h. der Abfüllraum für „Raboll“. Links neben dem Hof gab es noch ein schmales Gebäude, in dem Schmühl wohnte, der auch eine Tankstelle mit Haushaltwaren hatte. Daneben wiederum war ein weiter zurück liegendes kleineres Gebäude, in dem eine jüdische Familie wohnte.
Mir wird jetzt hier gesagt, dass die beiden Gebäudeteile links neben Rony Engels später nur eine Hausnummer hatten und die lautete Gereonstr. 59. Das jüdisch bewohnte Haus hat laut Kaufvertrag einer Familie Berlin gehört und dann ist es über Schmühl in den Besitz von Rony und Kethe Engels gegangen.
Neben diesem Haus kam dann die Landwirtsfamilie Matthias Heinrichs, deren Anwesen bis zur Schützenstraße reicht. Wenn man links neben Heinrichs rechts in die Schützenstraße abbog, befanden sich auf der linken Straßenseite der Eingang des Jugendheims und rechts der Hauseingang der Familie Christian Heimbach und wird heute von Anneliese Glasmacher bewohnt.
Ging man ab Schützenstraße die Hauptstraße weiter runter, so schloss sich als erstes Gebäude die damalige Sparkasse an, wo später Falkenbergs wohnten und was heute die Gereronstraße 55 ist. Die Falkenbergs hatten drei Kinder: Anneliese, Hermann und Gabriel. Oben in der Sparkasse war ein größerer Raum, in dem der Theaterverein probte. Der Herr Fest war zum Schluss Leiter dieser Filiale und hat eine Frau Latz aus Kettenheim geheiratet.
Links neben der Sparkasse kam ein Haus, das durch Anheiraten ebenfalls der Familie Falkenberg gehörte. Da wohnten Margret Leufgens und Eltern. Die Mutter war eine geborene Peil, die Schwester von Hubert Peil. Daran schloss sich dann das Haus von Dederichs und Jöntgen an.
Nun haben wir den Platz der damaligen Sparkasse eingeordnet. In dem Zusammenhang fällt mir auch ein, dass am Marktplatz das Spritzenhaus gelegen war und auch eine Räumlichkeit für Arrestfälle vorhanden war.
Jetzt wird es für mich wieder schwierig, ein konkretes Jahr anzusprechen, nämlich dem Jahr meines Schulbeginns. Das hat ja mit meinem späten Geburtstag zu tun. Man kam normal mit sechs in die Schule, dann wäre es 1932 gewesen. Es kann aber auch sein, dass ich 1933 in die Schule kam.
Auf Befragen kann ich sagen, dass ich im ersten und zweiten Schuljahr unten zur Schule ging. Hiermit meine ich die Straße, die nach Kettenheim führte. Mir wird nun gesagt, dass es sich um die spätere Schulstraße handele. Früher gab es nur Hausnummern und keine Straßenbezeichnungen. Unser Lehrer war Herr Capellmann, ein strenger Lehrer. Er war auch Reserveoffizier. Als Lehrer in den ersten beiden Schuljahren hatten wir noch Frau Offermann, die aus Schmidt war.
Ab dem dritten Schuljahr gingen wir am Marktplatz in die Schule. Neben dem alten Schulgebäude war links die Wohnung des Hauptlehrers Delhougne. Daneben links führte der Weg zur Burg zur Familie Erasmi (im Volksmund hieß es immer Brennersch). Den Herrn Delhougne hatten wir in der Oberklasse und später noch den Herrn Engels. Neben dieser längeren Einfahrt lag das Haus der Familie Kau, später Thuir und jetzt Zurhelle. An der Burg konnte man vorbei gehen bis zur nächsten Straße, in die heutige Dürener Straße.
Oh weih oh weih, jetzt soll ich auch noch die Namen meiner Schulkameraden benennen. Ob mir das aber gelingt nach so langer Zeit? Mir fällt sporadisch der
Eduard Klein ein, aber der könnte auch eine Klasse weiter gewesen sein. Dann will ich mal mit den Kettenheimern anfangen:
Heinrich Scheidt mit „dt“, Fritz Wollersheim. Da waren keine Mädchen aus Kettenheim dabei. Ich muss doch ein Schulbild haben mit Frau Offermann, die uns ja im 1. und 2. Schuljahr betreute. Das muss ich noch suchen. Als nächstes fällt mir der Andreas Schink noch ein, jetzt wird es aber schwierig, wenn ich das Bild vor mir sehe, kenne ich sie vermutlich alle mit Namen. Es muss ein grünes Album sein, was ich suchen muss.
Nach kurzer Abwesenheit und Suche kommt Josef Paulus mit einem Album zurück, in dem sich Bilder von seiner Vereinstätigkeit befinden und das er uns zum Einscannen überlässt. Hierin befinden sich neben privaten Fotos auch Bilder vom Karneval, Fußball und der Maigesellschaft. Auf Befragen gibt Josef Paulus an, dass er neben Fußball und Karnevalsgesellschaft noch im Kirchenchor gewesen sei. Ganz am Ende des Albums befindet sich ein großes Foto, auf dem Josef Paulus als Karnevalsprinz zu sehen ist. Seine Prinzessin war Maria Erken, die Frau von Johann Geuenich, die aber jetzt verstorben ist.
An das genaue Jahr des Prinzenpaares kann sich Josef Paulus nicht erinnern, die Vielzahl der Fotos im Zusammenhang mit der 1938 gegründeten Karnevalsgesellschaft Vettweiß spricht jedoch für eine rege Tätigkeit von ihm. Eine später durchgeführte Nachschau in der Chronik der KG Vettweiß ergibt Aufschluss:
Die KG hat insgesamt nur drei Prinzenpaare aufzuweisen, die ersten beiden im Jahre 1938 und 1939 und letztmals 1952 mit dem Paar Josef Paulus und Maria Erken. Danach gab es nie mehr ein Prinzenpaar. Er war aber nicht nur Prinz sondern auch noch Präsident der KG. Er übernahm als zweiter Präsident nach Peter Hülden dieses Amt und legte es dann in die Hände von Matthias Schmitz.
Zum Fußballverein gab Josef Paulus weiter an, dass er immer als Verteidiger gespielt habe. Mitunterzeichner Theo Pütz kann auf Grund von Berichten anderer Zeitzeugen ergänzen, dass Josef ein „knochenharter“ und gefürchteter Verteidiger war. Auch die Chronik des VfR Vettweiß 1919 e.V. kann hier hilfreich zur Seite stehen. Bereits Josefs Vater Johann Paulus war neben Heinrich Tesch in der 1. Mannschaft des Jahres 1921 und gehörte zu den Vereinsgründern. Er hat seinem Sohn Josef offenbar Fußballschuhe mit in die Wiege gelegt.
„Der Apfel Josef Paulus fiel offenbar nicht weit vom Stamm“
Josef Paulus erinnert sich weiter: Zu meiner Schulzeit wäre noch nachzutragen, dass ich alle Schuljahre in Vettweiß absolviert habe und anschließend in Düren die private Handelsschule Germscheid besuchte. Die Volksschule müsste ich so 1940/1941 beendet haben. Nach der Handelsschule trat ich dann in Düren beim Landratsamt meine erste und letzte Arbeitsstelle an.
Jetzt kommen wir so langsam in den Bereich Reichsarbeitsdienst und meine Zeit als Soldat erinnert sich Josef Paulus. Auf Befragen zum Bombenangriff auf Vettweiß kann ich nichts sagen, weil ich am 30.11.1944 nicht in Vettweiß war. Ich bin vermutlich bei Euskirchen irgendwo eingezogen worden, in dem Zusammenhang fällt mir Haus Tanneck ein, bin mir aber nicht sicher.
Zuerst bin ich jedoch in Herzogenrath-Merken als Arbeitsmann gewesen und bin dann zur Führungsschule nach Himmerich nördlich von Jülich gekommen. Da wurde ich ausgebildet und musste meine Zeit im Reichsarbeitsdienst (RAD) ableisten. Das war eine Organisation des damaligen nationalsozialistischen Machtapparates im Deutschen Reich der Jahre 1933 - 1945. Ab Juni 1935 musste dort jeder junge Mann eine sechsmonatige, dem Wehrdienst vorgelagerte Arbeitspflicht im Rahmen eines Arbeitsdienstes ableisten. Da war ich so 17 - 19 Jahre alt.
Es gab dort strengen Drill und feste Strukturen, man konnte dort Vormann, Obervormann, Hauptvormann, Truppführer, Obertruppführer und noch mehr werden.
Meine Prüfung erfolgte in Geilenkirchen und ich hatte mit „Sehr gut Spitze“ bestanden. Ich erhielt sogar dafür ein Geschenk, das werde ich nie vergessen. Es war ein Radio Volksempfänger. Von dort kam ich dann nach Herzogenrath zurück.
Dort habe ich als Truppführer und später als Zugführer Dienst verrichtet. Ich glaube mich zu erinnern, dass ich den Trupp 7 hatte. In dieser Stellung hatte ich auch ein wunderbares Zimmer mit einem „Burschen.“ Da herrschte ein schlimmerer Drill als bei der Soldatenausbildung. Wir trugen ja auch spezielle Uniformen, die man an dem Symbol erkennen konnte.
Im Volksmund war dieses Symbol auf der Flagge auch als „Kaffeebohne“ bekannt. Nach dieser Ausbildung musste ich mich in Wipperfürth melden, um als Soldat eingezogen werden zu können. Wenn ich nach einem Jahr gefragt werde, so müsste es 1944 gewesen sein. Wir hatten uns dann in Waldbröl zu melden und wurden hier auf einen Zug verladen, der in Richtung Dänemark fahren sollte. Ein ganzer Zug voller Soldaten fuhr dann über Flensburg nach Hov in Dänemark. Der Ort lag direkt am Meer und war westlich von Kopenhagen und südlich von Arhus gelegen.
Nun kommen wir zu einem Punkt, wo trotz Krieg ein wenig „Schmunzeln und Schummeln“ angesagt war. Mit an Bord des Soldatenzuges war mein Freund Heinrich Maßen, den ich aus Herzogenrath vom Reichsarbeitsdienst her kannte. Dieser war gelernter Metzger und Komiker von Beruf. Wir kamen also in Dänemark irgendwo auf einem Bahnhof an und hier befand sich lauter Führungspersonal wie Unteroffiziere, Feldwebel usw. Sie suchten Leute aus, die etwas von Funk, Telegrafie, Fernsprecher und Bürokratie verstanden. Da habe ich mich gemeldet und meinen Freund direkt mit, obwohl der noch nichts gesagt hatte, wir wollten ja zusammen bleiben. Ob der die gesuchten Fähigkeiten überhaupt besaß, wusste ich nicht, ich habe einfach nur gelogen. Der andere Arbeitsbereich der Soldaten wäre Infanterie gewesen, da hatte ich aber keinen Spaß dran. Wir waren ja beide zusammen vom Landratsamt Düren. Übrigens vergaß ich zum Thema Germscheid anzumerken, dass Herr Germscheid später in Düren Landrat wurde.
Also, die anderen Soldaten fuhren mit dem Zug weiter. Wir zwei wurden dann von einem Leutnant oder Oberleutnant Parisis angesprochen, der gehört hatte, dass wir vom Landratsamt Düren kamen und offenbar meinen kleinen Heimatort Vettweiß und sogar meinen Vater kannte. Er wusste z. B. auch, dass mein Vater bei der Post beschäftigt war. Wir sollten also dort dann als Funker und Fernmelder ausgebildet werden.
Abends wurden wir näher befragt, wo wir denn her kämen und bei der Gelegenheit kamen wir ins Gespräch. Dadurch dass ich mit ihm etwas warm geworden war, hatte ich Vertrauen zu ihm gewonnen und ihm dann gebeichtet, dass ich den Heinrich Maßen nur gemeldet hatte, damit wir zusammen bleiben konnten. Der Parisis kannte auch Onkel Ronys ältesten Bruder Heinrich, er hat wohl bei ihm schon gegessen oder geschlafen. Er sagte dann noch scherzhaft „ein schlechter Funker ist ein guter Fernsprecher.“
An dieser Stelle bin ich dann ein paar Monate geblieben. Ich kriegte ja den Wehrsold von Solingen aus geschickt, nach Vettweiß hatte ich ja nur über Solingen Verbindungen. Ich glaube der Wehrsold betrug etwa 65 RM im Monat. Mein Vater hatte dort Verwandte mit Namen Dammers und sie hatten eine Gärtnerei.
Die Verpflegung in Dänemark war gut, wir gingen nur am Wochenende in der Feldküche zum Essen, samstags gab es Erbsensuppe und sonntags Kotelett. Die andere Zeit gingen wir meistens im Ort essen, es gab z. B. Kakao und Sahne. Ich verbrachte so die restliche Zeit in Dänemark in Struer und Kolding an der Küste als Funker. Wie lange das dauerte, kann ich nicht sagen. Von meinen Verwandten aus Solingen hatte ich Kontakt zu meinen Eltern, die zu dieser Zeit nach Thüringen evakuiert waren. Der Wehrsold kam glaube ich auch über Solingen und musste ja noch in Kronen umgetauscht werden.
Nach der Ausbildung in Dänemark kam ich dann weg nach Osnabrück, wo ein Ersatztruppenteil gebildet wurde und sollte dann „etwas mehr Soldat“ werden.
Da war noch irgendetwas mit dem Spieß, ich muss nachdenken. Hier wurden wir eingekleidet mit Wintersachen und sollten nach Kurland und Lettland und Ostpreußen. Ich kann das zeitlich aber nicht einordnen, ob es Ende 1944 oder Anfang 1945 war. Meine Eltern sind ja am 02.12.1944 von Vettweiß weg in die Evakuierung.
Mit den Wintersachen erhielt ich auch eine Pelzjacke. Vom Sold haben wir uns in Dänemark noch reichlich mit Lebensmittel versorgt und sollten nach der Ursprungsplanung auch in Polen eingesetzt werden. Ihr fragt mich nun nach den Abläufen der erfolgten Evakuierungen. Soweit ich weiß begannen diese bei uns mit der Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 1944. Da setzte wohl die planmäßige Evakuierung der Zivilbevölkerung aus den Grenzgebieten nach Mittel- und Ostdeutschland ein.
Die ersten Evakuierungen des 2. Weltkrieges bestanden in der Freimachung von Grenzgebieten bei Kriegsausbruch 1939. Bekannt geworden dafür ist in erster Linie die sogenannte „Rote Zone“, ein Grenzgürtel von rd. 20 km Breite, der sich linksrheinisch von der Eifel bis zum Rhein unterhalb Karlsruhes zog und von da ab den rechtsrheinischen Grenzstreifen bis zur Schweizer Grenze erfasste. Für den Bedarfsfall war hinter dieser „Roten Zone“ ein weiterer Streifen von rd. 30 km Tiefe zur Räumung vorgesehen, die sogenannte „Grüne Zone“. Zur Freimachung von Wohngebieten gab es gedruckte Weisungen des Reichsministers des Innern, auch als Umquartierungen bekannt. Solche Pläne gab es jedoch schon vor dem Krieg (Anm. des Verfassers).
Doch nun wieder zurück zu meiner Odyssee im Krieg, mir ist jetzt wieder eingefallen, was mit dem Spieß war. Ich wusste ja nun, dass meine Eltern und die anderen Familien Tesch aus Vettweiß ja nach Thüringen evakuiert waren und ich wollte Urlaub haben, um sie zu besuchen. Der Spieß erklärte mir jedoch, es herrsche absolute Urlaubssperre. Er könne mir nicht helfen. Zum Gespräch hatte ich ja mein ganzes Sturmgepäck und die beiden großen Verpflegungskisten mitgenommen und ich merkte, dass er immer wieder darauf schielte. Ich erklärte ihm, dass meine Eltern in Neuhaus am Rennsteig evakuiert seien und ich wegen dem bevorstehenden Einsatz in Polen und Ostpreußen ja nicht mehr dahin käme. Außerdem könne ich ja auch nicht alles mitschleppen, die Wäsche, Ausrüstung und die beiden Pakete. Wenn ich die Hälfte der Verpflegung hier bei ihm lassen könne, sei dies besser möglich.
Ich merkte im Gespräch, dass er darauf anspringen würde und vielleicht mein Wunsch doch noch in Erfüllung gehen könne, wenn - fein ausgedrückt - die Hälfte zu seiner Verfügung wäre. Nie hätte ich gedacht, dass ihm an nur einer Kiste so viel gelegen war. Er meinte dann, wie das denn gehen solle, Urlaub sei verboten und nicht mehr möglich. Ich nutzte die Gelegenheit und bohrte weiter, dass ich ja wenigstens mit einem Paket zu meinen Eltern fahren müsse. So redeten wir beide eine Weile um den heißen Brei herum und verstanden uns trotzdem offenbar recht gut.
Schließlich erklärte er, das ginge nur mit einem offiziellen Marschbefehl für mich. Über die Verwandten in Solingen, die mit der großen Gärtnerei, wusste ich, dass meine Eltern in Neuhaus waren. Das hatten mir Tante Finchen und Onkel Hans, der ein Vetter meines Vaters war, gesagt.
Auf den Bahnhöfen standen die sogenannten „Plakettenleute“, die hatten so Plaketten umhängen und kontrollierten alle Reisenden. Das war so etwas wie die Gestapo. Wenn man keinen Marschbefehl hatte, wurde man von denen abkassiert und direkt zur Front verbracht.
Mit dem Marschbefehl nach Neuhaus saß ich dann endlich am nächsten Morgen im Zug. Neuhaus selbst hatte aber keinen eigenen Bahnhof, ich musste dann in Ernstthal/Thüringen aussteigen. Von dort waren es noch ca. 3 km Fußweg mit meinem ganzen Gepäck, Pelzjacke, einer Verpflegungskiste und der Soldatenausrüstung. Einige aus Vettweiß waren in Steinheid, etwa sechs Kilometer von Neuhaus entfernt, untergebracht. Hier wohnten vermutlich Kethe Tesch mit Familie und den Brandenburgs. In Neuhaus kam ich dann endlich an, es brauchte nicht zu regnen, mit meinen ganzen Klamotten war ich ohnehin nass geschwitzt. Als ich dort ankam hoffte ich, dass die noch alle da waren, sonst wäre ja alles umsonst gewesen. Die Strecke im Ort führte mich unter anderem auch durch eine Schützenstraße. Und hier wohnten Onkel Heinrich (Tesch), Tante Klara (Wallraff), Sibille, Menn, Marianne und Paula Tesch. Ganz oben in einem Fenster sah ich dann Sibille und war sicher, dass auch meine Leute noch im Ort waren.
Im selben Ort waren also Opa Josef Tesch, Tina (Kethe Tesch, verh. Engels) Tante Anna (Anna Tesch, verh. Siemen) und meine Eltern. Die ganze Familie war in Neuhaus am Rennsteig. Die Familie, bei der sie wohnten, hieß Coburger. Für sie ging ich Gras mähen, sie hatten eine Kuh und die brauchte das.
Sie hatten eine Metzgerei mit Wirtschaft. Wenn ich ein ganzes Wägelchen Gras gemäht hatte, bekam ich hierfür einen Liter Milch. Meine Eltern waren bei einer Lehrerin untergebracht und wohnten oben im Haus. Abends im Dunkeln kam ich wie gesagt an. Am anderen Tag traf ich Tante Tina, Ohm Hein und Tante Klara und all die anderen. Es muss so Anfang 1945 gewesen sein. Auf Befragen kann ich nicht sagen, wer schließlich bestimmte, wohin man genau in die Evakuierung kam. Ich war zu dem Zeitpunkt ja nicht mehr in Vettweiß. In Neuhaus bin ich vielleicht eine Woche oder ein paar Tage geblieben und musste dann wieder zurück zu meinem Ersatztruppenteil.
Von dort ging es dann nach Görlitz mit der Truppe, zum Funkturm Görlitz, Einsatzstelle Leuba. Als Funker und Fernsprecher war man ja Nachrichtenmann und konnte jeden Sender hören. Wir waren deshalb gut informiert und wussten meistens als erste von allen, von ankommenden oder bevorstehenden Neuigkeiten.
Ich hatte einen Feldwebel WW, Willi Wimmer, ein feiner Kerl. Zwischendurch musste ich mich mal in Berlin melden, ich glaube in Berlin Döberitz und kam hier in einen Saal rein mit zahlreichen Liegestellen, Pritschen und Strohsäcken. Da es drinnen dunkel war, stieß ich hin und wieder irgendwo an. Wegen Fliegeralarm durfte kein Licht gemacht werden.
Als ich wieder so jemanden anstieß, hörte ich ihn sagen „können Sie nicht aufpassen?“ und ich dachte bei mir, was das denn für eine Sprache bzw. Dialekt sei. Ich legte mich dann da auch in seiner Nähe nieder und am anderen Morgen habe ich mir den nochmals bei hellem Tageslicht angeschaut und stellte fest, dass er Oberfeldwebel war. Es war der eben schon erwähnte Willi Wimmer aus Heimerzheim.
Wir kamen ins Gespräch und ich erklärte ihm, dass ich ein Mädchen aus Heimerzheim kennen würde. Sie sei früher bei Johann Klein und Menn in Vettweiß gewesen wegen Vieh- oder Weinverkauf. Es sei eine Frau Schmickler mit Mädchenname gewesen. Er schaute mich daraufhin von oben bis unten an und sagte dann, es sei seine jetzige Frau. Der Vater der Frau sei ein Kriegskamerad von Kleins Menn gewesen.
Durch die Funkerei konnten wir die Nachrichten in deutscher Sprache hören. Später hieß es dann irgendwann am Vorabend des 08. Mai 1945, dass um 00.01 Uhr Schluss sei mit dem Krieg. Noch am gleichen Abend haben wir uns vor dem Tageswechsel mit sieben Mann zusammen getan. Dem Willi habe ich dann erklärt, dass wir uns diese Nacht mit sieben Mann absetzen wollten. Zu diesem Zweck hatten wir uns Fahrräder besorgt. Von Leuba sind wir dann über Görlitz Richtung Tschechoslowakei in das Egerland hinein. Um 00.01 h war die Kapitulation, deshalb sind wir ja weg. Mit sieben Mann sind wir weg und von uns sieben blieben nur drei übrig. Wir gerieten in ein Gefecht, bei dem die anderen vier Männer umkamen. Zu den Überlebenden gehörten Hans Otto Friederich aus der Düsseldorfer Ecke und ein Heinz Keller aus Essen sowie meine Person. Wir haben uns dann so gut es ging durchgeschlagen.
Durch die Tschechoslowakei sind wir nun in das dortige Tetschen-Bodenbach, das es heute noch gibt und das 1938 - 1945 zum Deutschen Reich gehörte. Da wurde ein Magazin geräumt und wir nutzten das, um uns mit Essen und Stangen Zigaretten zu versorgen. Von hier aus sind wir zunächst in Richtung Leipzig losgezogen. Unterwegs hieß es, irgendwo in einem Vorort von Leipzig fahre ein Kohlenzug ab in Richtung Ruhrgebiet. Hier wollten wir drei uns trennen, Hans Otto und Heinz wollten ja ins Ruhrgebiet und ich nach Thüringen zu meinen Eltern. Ich glaube aber, da war noch irgendein Ereignis dazwischen. Ich überlege gerade, wo ich denn da geschlafen habe. Auf Grund der erfolgten Kapitulation in der Nacht zum 09.05.1945 muss es ja 1945 gewesen sein und ich war zu dem Zeitpunkt erst 18 Jahre alt und wurde erst am 11.11.1945 ein Jahr älter.
Jetzt fällt es mir wieder ein, wir waren doch noch zusammen und schellten irgendwo per Zufall an einem Haus, wo die Frau eines Kollegen wohnte oder war. Dieser Kollege war Opernsänger. Auf unserer östlichen Seite war der Russe mit Pferden und auf der westlichen Seite die Amis, also die amerikanische Zone. Wie dieser Opernsänger aber hieß, kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen. Was der Zufall aber wollte: Auf der Rückreise haben wir an dem eben genannten Haus geklingelt, irgendwo mussten wir ja schlafen, was wir dann dort auch im Flur tun konnten.
Morgens beim Verlassen des Hauses kamen drei oder vier Soldaten mit einer Karre dort vorbei. Es waren wohl Amerikaner, die von deutschen Soldaten abgeschossen worden waren. Auf dem Wägelchen befand sich noch Frachtgut. Der Hans Otto Friederich war ja Student und konnte mehrere Sprachen. Er fragte uns zwei dann, ob wir uns denen anschließen sollten, was wir bejahten. Er hat die Soldaten dann auf Englisch befragt, ob sie uns mitnehmen wollten. Sie stimmten zu und wir begaben uns grob in Richtung des Flusses Mulde, was die Grenze zwischen amerikanischer und russischer Zone war.
Dann sind wir mit denen losgezogen bis nach Nerchau, das lag südöstlich von Leipzig und nördlich von Grimma. Da fließt die Mulde. Da spielte sich alles ab, wie eine Völkerwanderung war das Ufer belebt und viele Ortsansässige kamen hier auch als Neugierige kucken, Flüchtlinge, Soldaten usw. Als wir mit den amerikanischen Soldaten zusammen waren, haben wir deren Handwägelchen gezogen und sie erlaubten uns dafür, mit ihnen zu gehen. In Mulde war dann Feierabend, da konnten sie mit uns ja nichts mehr machen und der Russe machte das ja nicht mit.
Die westlich des Flusses befindlichen Amerikaner kamen mit einem Bötchen rüber gefahren und wollten uns abholen. Und da sagten die uns begleitenden Amerikaner, sie würden uns mitnehmen, aber wir kämen dann in ein Internierungslager.
Was jetzt, es stand eine schwierige Entscheidung für uns an. Da hätte man in Ecken und Hütten kampiert. Wir haben uns entschieden, wir riskieren es und bleiben zunächst auf russischer Seite, um dann eine Gelegenheit zu suchen, irgendwann über den Fluss zu gelangen.
Ihr müsst Euch das so vorstellen, wie bei uns der Fluss Inde, war die Mulde dort sehr breit aber nicht tief. Man konnte teilweise im Wasser gehen, musste aber auch kurze Stücke schwimmen. Da spielte sich dann täglich abends ein Schauspiel ab. Bei einem Fuhrunternehmer haben wir übernachtet.
Am anderen Morgen ging es dann wieder runter an den Fluss, um eine Gelegenheit zum Überqueren abzuwarten. Das hat tagsüber dann aber nicht geklappt und wir sind dann abends am Spätnachmittag, als die Bevölkerung dort wieder kucken kam, rüber bzw. wir haben es gewagt. Gepäck hatten wir ja nicht und hier und da hörte man vereinzelt Schüsse. Bei uns war es aber ruhig.
Wir waren froh und glücklich, es endlich geschafft zu haben. Wie der nächste Ort hieß, weiß ich nicht, wir haben irgendwo wieder im Flur geschlafen, Feldscheunen kannte man dort ja nicht. Komischerweise…..?? ich weiß jetzt gar nicht mehr, wo denn meine zwei Begleiter geblieben sind. Ich meine, dass wir uns in der Nähe von Leipzig getrennt haben und die dann mit einem Güterzug in Richtung Westen und Ruhrgebiet gezogen sind.
Diesmal landete ich zum Schlafen bei einem Landwirt und wollte ja zu meinen Eltern nach Thüringen, die - so hoffte ich - ja noch in Neuhaus waren. Vor Neuhaus war ein Ort Lichte (siehe Karte Seite 13), da konnte ich nicht mehr und habe in einer Gosse meine geschundenen Füße gebadet. Ich war quasi kurz vor dem Ziel. Da sah man mir an, wo ich her kam und als sie hörten, wo ich hin wollte, gaben sie mir den Rat, keine öffentlichen Straßen zu benutzen, weil oben auf der Anhöhe an einer Kreuzung alles abkassiert werde. Bis Neuhaus waren es schätzungsweise noch ca. 5 - 10 km.
Wenn ich ungesehen nach Neuhaus wollte, müsste ich Schleichwege benutzen sagten sie. Schließlich landete ich mit meinen schmerzenden Füßen unten in Neuhaus auf der Schulstraße und war danach auch wieder an der Stelle, wo ich bei meinem Kriegsurlaub Sibille Tesch gesehen hatte. Jetzt waren aber Marianne und Paula im Fenster zu sehen. Wenn die noch da waren, dann müssten die anderen auch noch da sein, ich schöpfte also wieder Hoffnung.
Letztendlich landete ich bei meinen Eltern. Das war natürlich jetzt eine ganz schlimme Zeit für uns, oh weih oh weih, was haben wir Hunger gelitten. Wir wurden dort auch eingeteilt, um Kriegsschäden zu beseitigen, wir mussten z. B. Schutt wegräumen. Die Vermieterin von Vater und Mutter sowie Tina hatte - wie schon eben erwähnt - eine Gaststätte mit Metzgerei und eine Kuh, die ja auch versorgt werden musste. So konnte ich mich auch nützlich machen und habe mit der Sense wieder Gras für das Tier gemäht. Anschließend durfte ich mich dann über frische Trinkmilch freuen.
In diesem Zusammenhang fällt mir wieder ein, dass mein Vater von der letzten Schlachtung einen Schinken als eiserne Reserve hatte. Er war für den Rückweg nach Hause gedacht und er bewahrte ihn in einem Säckchen auf. Da ging auch keiner ran. Wir hatten sprichwörtlich Hunger bis unter die Arme. Auf jeden Fall ging ich für die Leute weiterhin Futter holen. Außerdem arbeitete ich auch für ein Milchgeschäft und kriegte dafür dann Magermilch.
Dann ging ich „Wurbele“ (Waldbeeren) pflücken und daraus wurde Suppe gemacht. Ohm Arnold (Tesch) und Tante Eva (Brandenburg), Tante Kethe (Tesch) und Kethe Tesch (Holz), die wohnten sieben Kilometer weiter im Ort Steinheid. Das war auch ein größerer Ort (siehe Karte Seite 13).
Das allerschönste Ereignis kommt ja erst noch und sollte sich nicht als „allerschönstes“ erweisen. Ich hielt es mittlerweile in Neuhaus nicht mehr aus und wollte nach Hause, mein Vater war jedoch dagegen. Auf jeden Fall habe ich mich aber irgendwann auf die Socken gemacht und bin allein von dort weg mit Güterzügen. Ich gelangte bis Köln oder Euskirchen, das weiß ich jetzt nicht mehr genau, vielleicht auch bis Lechenich. Mit einer Bimmel Bahn nach Dirmerzheim gefahren und zu Tante Lisa (Elisabeth Schmitz, geb. Tesch, und Gottfried Schmitz). Ihre beiden Kinder sind Anni und Trude, letztere wurde aber erst später geboren.
Die Familie Zervos wohnte zu der Zeit auch noch in Dirmerzheim und hatte eine Zeit in Binsfeld gewohnt. Wilhelm Zervos und Maria Tesch hatten die Kinder Fritz, Maria und Loni (Apollonia).
Mit dem „allerschönsten Ereignis“ war der Zustand unseres Hauses in Vettweiß gemeint. Mein Vater hatte in Thüringen erklärt, dass zu Hause alles in Ordnung sei, da war im Krieg die Schreibstube drin, vorne im Zimmer. Von wegen alles in Ordnung. Da war kein Dach mehr drauf, der Giebel an Jöntgens Seite kaputt und reichlich andere Einschläge. Der Gesamtzustand war kurz und bündig mit „Nicht bewohnbar“ zu bezeichnen.
Mit dem Rad bin ich dann von Dirmerzheim nach Vettweiß gefahren und stellte diesen Zustand fest, obwohl ich in gutem Glauben dorthin gefahren war. Ca. 14 Tage später kamen die anderen von der Familie auch wieder in Vettweiß an und wir waren wieder alle zusammen. Ich weiß noch vom Erzählen, dass sie aus dem russischen Bereich durch den Wald geflüchtet sind und von den Russen gestoppt wurden.
Meine Mutter hatte ein Sparkassenbuch in der Kleidung versteckt, das haben sie aber nicht bekommen. Tante Kethe (Tesch/Engels) und Tante Anna (Tesch/Siemen) mussten Schmuckstücke abgeben. Bei der Gelegenheit sei nach Worten meines Vaters auch geschossen worden. Die Soldaten hätten aber in die Erde gezielt und wollten nur Angst und Druck zum Durchsetzen ihres Vorhabens ausüben. Durch Funken und Querschläger - ich hab ja nie geschossen - entstand dann bei unseren Leuten entsprechend Angst.
Wie gesagt, ich bin dann in der Zeit, als ich noch allein in Vettweiß war, zwischen Dirmerzheim und Vettweiß immer mit dem Rad hin und her gependelt, in unserem Haus konnte man ja nicht wohnen. Mein Vater hat danach wieder seinen Dienst bei der Post aufgenommen und ich beim Landratsamt in Düren. Wann ich wieder angefangen habe? Ich glaube, ich könnte es irgendwo nachsehen. Auf Befragung kann ich angeben, dass nach meiner Erinnerung in Vettweiß noch keine Züge fuhren.
Mir wurde jetzt noch ein Bild vom Tambourcorps Vettweiß vorgelegt, auf dem ich von links nach rechts folgende Personen erkenne:
3. Person = Heinrich Tesch
4. Person = Rony Engels
5. Person = Barthel Heimbach
6. Person = Bernhard Weber.
Bei den stehenden Personen könnte es sich ganz rechts um einen Herrn Schall handeln. Wo mir jetzt gerade noch ein altes Bild von der Kneipe Christoffels vorgelegt wird, fällt mir eine Geschichte von Opa Josef Tesch und Onkel Rony (Engels) ein. Opa ging jeden Abend in die Kneipe und traf sich dort mit dem Ortsbürgermeister Lambert Courth. Die tranken glaube ich meistens Korn, was der zu der Zeit kostete, kann ich nicht sagen.
Auch bei den Reparaturarbeiten bei uns im Haus spielte der Korn eine Rolle. Onkel Willi (Wilhelm Zervos), Maurer von Beruf, hat uns alles wieder aufgebaut. Sonntags oder samstags war die Betondecke über dem Stall gegossen worden und die Decke tropfte ja dann und Onkel Rony - ein „Schinas“ - hatte eine Flasche Korn dabei, als jemand rief, dass Opa komme. Er stellte die Flasche Korn schnell unter bzw. neben eine tropfende Stelle, um so ein Auffangen der Flüssigkeit in die Flasche vorzutäuschen. Die anderen saßen alle im Sand, Opa blieb dann so lange, bis die Flasche vollgelaufen war.
Nach 3 ½ stündiger Befragung wird auf Grund der vorangeschrittenen Zeit das weitere Gespräch abgebrochen. Bei der Verabschiedung erzählt Josef Paulus noch eine Anekdote zum Thema Maibaum setzen.
Wir setzten ja als Jungs Maibäume und so kam es, dass uns der spätere Lehrer Josef Jansen bat, für ihn doch auch einen Maibaum zu setzen. Wir stimmten zu, machten es jedoch von einer Bedingung abhängig. Er sollte dort, wo wir unsere Bäume setzten, mit seinem Akkordeon spielen. So musste er u.a. mit uns mit bis nach Füssenich und Geich, wo auch ich vor meiner Zeit mit meiner jetzigen Frau eine Freundin hatte. Beim Setzen der Maibäume haben wir immer viel Spaß gehabt, hatten wir doch in unserer Jugend durch die Kriegswirren viel entbehren müssen.
Beim Landratsamt in Düren habe ich mich dann hoch gedient bis hin zum Oberverwaltungsrat und habe zum Schluss Bauanträge bearbeitet. Mit meiner Frau Kathi Huppertz bin ich seit 1956 verheiratet und wir haben zwei verheiratete Söhne und einen Enkel.
Mit der Veröffentlichung des Berichtes und der Fotos von mir bin ich einverstanden.
Vettweiß, im Mai 2013