Der bewusste Entschluss, Hausarzt zu sein
Von: Stephan Johnen / Foto: Stephan Johnen
Viele weite Wege, Hausbesuche, nicht selten lange Arbeitstage weit über die Öffnungszeiten der Praxis hinaus:
So sieht der Alltag eines Landarztes aus. Klingt nach Stress?
„Die Arbeitsbelastung ist überschaubar“, findet Dr. Christian Lyncker, Landarzt in Vettweiß. „Dass viele junge Mediziner diesen Beruf unattraktiv finden, hat viel mit Vorurteilen zu tun“, mutmaßt der 49-Jährige. Nur etwa zwei Prozent der angehenden Ärzte würden sich im letzten Ausbildungsjahr für eine Karriere als Hausarzt interessieren. Der Gang aufs Land sei eine weitere Schwelle.
Die Folge: Gerade bei Landärzten droht ein Nachwuchsproblem. „Ich habe mich bewusst für diesen Weg entschieden“, sagt hingegen Christian Lyncker. Als er Mitte 40 war, übernahm er die Praxis einer Vettweißer Medizinerin. Es war ein Wagnis“, blickt er zurück. „Doch es war die richtige Entscheidung.“
Die Suche nach Alternativen: Lange Jahre war der heutige Landarzt als Facharzt für Chirurgie in einem Krankenhaus tätig. „Es lag nicht an der Arbeit, dass ich weg wollte“, stellt Lyncker klar. „Es lag an den Arbeitsbedingungen.“ Eine hohe Belastung, viele Nacht- und Wochenenddienste, Notfälle rund um die Uhr und eine „allgemeine Unzufriedenheit bei vielen Kollegen“ hätten ihn dazu bewogen, eine Alternative zu suchen. Nach vielen Sitzungen des Familienrates habe der dreifache Vater sich dazu entschlossen, die Reißleine zu ziehen. Er kündigte – und begann mit der Weiterbildung zum Allgemeinmediziner. Der erfahrene Chirurg drückt sozusagen noch einmal die Schulbank, frischte manches Wissen auf, vertiefte seine Kenntnisse auf anderen Gebieten. Als freiberuflicher Arzt verdiente er während dieser anderthalb Jahre sein Geld, indem er Notdienste übernahm.
Vor 4,5 Jahren hatte er die Chance, die Praxis zu übernehmen. Er nutzte sie, bewarb sich – und ist seitdem Landarzt in Vettweiß. „Vielleicht hätte ich an anderer Stelle angesichts meiner Ausbildung mehr verdienen können“, sagt Lyncker.
Aber auch die persönliche Zufriedenheit spiele bei der Wahl des Arbeitsplatzes eine wichtige Rolle. Und er sei heute deutlich zufriedener als zu Klinikzeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei viel besser.
Diese Erfahrung hat auch Lynckers Kollegin Dr. Alexandra Macherey gemacht. „Ich wurde sozusagen abgeworben“, sagt die 36-Jährige und lacht. Auch sie war früher Ärztin in einem Krankenhaus, wohnte aber bereits in Vettweiß.
Als der ebenfalls als Hausarzt praktizierende Ehemann von Lynckers Vorgängerin in den Ruhestand ging, übernahm sie die andere Hälfte der Praxis. Als Team sei es zudem sehr gut möglich, flexibel zu arbeiten und sich gegenseitig zu vertreten.
„Wir haben heute mehr Freiräume als vorherige Generationen“, weiß Alexandra Macherey. Dazu zähle auch der organisierte Notdienst, den es nicht immer gab. „Es bringt auch den Patienten nichts, wenn ein Arzt rund um die Uhr arbeitet“, geben die Mediziner zu bedenken.
Die dennoch sehr enge Arzt-Patienten-Bindung sei ein klarer Vorteil der Arbeit. „Gerade bei Hausärzten ist Kontinuität wichtig“, findet Christian Lyncker. Aus Krankenhauszeiten vermissen beide, dass heute nicht alle Untersuchungsmöglichkeiten direkt zur Verfügung stehen.
Weil sie sich dort niedergelassen hat, wo mittelfristig eine Versorgungslücke drohte, wurde Alexandra Macherey vom Land gefördert. „Das war für mich nicht der Anreiz“, betont sie. Die Summe sei direkt in die Renovierung der Praxisräume geflossen. Wirkliche Anreize für junge Mediziner, diesen Weg einzuschlagen, seien beispielsweise ein Abbau der Bürokratie und eine für Ärzte wie Patienten gleichermaßen „transparente Honorierung“.
Die beiden Vettweißer Landärzte hätten sich auch gewünscht, auf ihre Rolle als Arbeitgeber vorbereitet zu werden. „Wir haben schließlich fünf Angestellte“, zählt Christian Lyncker auf. Alle nicht-medizinischen Abläufe einer Praxis mussten beide Ärzte im Tagesgeschäft erlernen.
Interview - Serie für das Amtsblatt
vettweiss.de: Herr Koch, Sie sind Inhaber der Adlerapotheke in Vettweiß. Seit wann sind Sie Apotheker?
Christoph Koch: Seit Ende 1994. Von 1989 bis 1993 habe ich in Bonn studiert, anschließend ein praktisches Jahr absolviert, u. a. im Klinikum Aachen. Mit dem bestandenen 3. Staatsexamen war ich dann fertiger Apotheker. 9 Jahre war ich fortan als angestellter Apotheker tätig, u. a in Düren und Jülich.
vettweiss.de: Sie kommen nicht aus dem Gemeindegebiet. Wo wohnen Sie und wie hat es Sie nach Vettweiß verschlagen?
Christoph Koch: Ich wohne im Stadtgebiet von Elsdorf, gut 20 Km von Vettweiß entfernt. Der Wunsch nach Selbstständigkeit war eigentlich immer vorhanden. Aber die Suche gestaltete sich schwierig. Und die Konkurrenzsituation in größeren Städten ist nicht unerheblich. Nach mehreren Anfragen bot mir meine Vorgängerin Frau Steinmann die Möglichkeit der Übernahme. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. 10 Jahre bin ich nun in Vettweiß tätig. Es ist mittlerweile wie eine zweite Heimat für mich geworden.
vettweiss.de: Mit den bisherigen Räumlichkeiten der alten Apotheke im Unterdorf und dem neuen Apothekengebäude treffen Welten aufeinander. Wie kam es zu diesem Schritt, sich oben neben den Verbrauchermärkten niederzulassen?
Christoph Koch: Die Idee, mich für die kommenden Jahre oder Jahrzehnte mit einer wesentlich moderneren Apotheke zu präsentieren und mich damit auch identifizieren zu wollen, war rasch vorhanden. Nun lag aber noch ein langer Weg vor mir. So habe ich zunächst genau die Entwicklung des Zentralortes beobachtet und nach einem passenden Grundstück Ausschau gehalten, was aber zunächst nicht von Erfolg gekrönt wurde. Die Ansiedlung der beiden Märkte gab den entscheidenden Impuls. Ein Traum wäre die Errichtung einer Abholschalter-Apotheke gewesen was aber baurechtlich leider nicht möglich war.
vettweiss.de: Woher kommt der Name „Adler Apotheke“ ?
Christoph Koch: Auf Grund von Hinweisen und alten Bonbon-Dosen vermute ich, dass es sich in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts um eine Filialapotheke der Adler Apotheke in Zülpich gehandelt hat. Genaueres weiß ich leider nicht. Aber vielleicht findet sich noch jemand, der durch Übermittlung von Informationen zur Aufklärung beitragen kann.
vettweiss.de: Wie viele Mitarbeiter haben Sie und wie viele von ihnen kommen aus dem Gemeindegebiet?
Christoph Koch: Wir zählen mittlerweile über 10 Mitarbeiter, davon etwa die Hälfte in Teilzeit, von der angestellten Apothekerin über PTA’s und PKA‘s bis hin zu unseren Boten und der Raumpflegerin.
vettweiss.de: Warum haben Sie nur Frauen beschäftigt? Ist die Frau für das Berufsbild prädestiniert?
Christoph Koch: Ja, das Berufsbild ist sehr von Frauen geprägt. Generell sind Berufe im Gesundheitsbereich eine Frauen-Domäne, vom medizinischen Bereich im Krankenhaus und der Arztpraxis bis zur Apotheke. Der Anteil der Frauen im Studium der Pharmazie liegt bei ca. 75 Prozent.
vettweiss.de: Bilden Sie auch aus?
Christoph Koch: Ja, ich bilde regelmäßig aus. Über die 10 Jahre hatten wir immer eine Auszubildende zur pharmazeutisch kaufmännischen Angestellten (PKA). In Kürze wird die 3. Anwärterin fertig. In gut einem Jahre die vierte. Ich finde es als Arbeitgeber wichtig, nicht nur vom Wissen anderer zu profitieren, sondern die gewonnene Erfahrung auch weiter zu geben.
vettweiss.de: Welche Anforderungen werden heutzutage an eine moderne Apotheke gestellt?
Christoph Koch: Die Beratungsleistung ist nach wie vor unser wichtigstes Aufgabengebiet. Unser Gesundheitswesen ist sehr komplex und für viele von uns undurchschaubar. Darüber hinaus spielen Nebensortimente wie Ernährungsprodukte und Kosmetika zunehmend eine wichtigere Rolle. Schon lange ist auch das Anmessen von Kompressionstrümpfen für uns ein fester Bestandteil der täglichen Arbeit. Dafür steht nun ein eigener Raum mit Liege zur Verfügung.
vettweiss.de: Letzte Frage: Wie stellen Sie sich die Zukunft für Ihre Apotheke vor?
Christoph Koch: Wir versuchen, unsere Service-Leistungen weiter auszubauen. Ich denke, dass dies dem Anspruch einer modernen Gesellschaft entspricht. So wollen wir versuchen, in Verbindung mit Ärzten und der Industrie Selbsthilfegruppen ins Leben zu rufen und somit neben der Apotheke und der Physiotherapie-Praxis von Frau Gratzfeld einem weiteren Gesundheitsbereich Raum und Platz in der Gereonstraße 135 zu geben.
vettweiss.de: Herr Koch, vettweiss.de dankt Ihnen für das Interview und wünscht Ihnen und Ihrer Apotheke für die Zukunft alles Gute.
Quelle: http://www.vettweiss.de/unsere_gemeinde/Interviews/106160100000004085.php
Bitte klicken für die Zeittafel
7. Januar 1888
Dr. Paul Baron: Niederlassung als Arzt in Vettweiß.1. Juni 1896
Joseph Claren Apotheker: Eröffnung einer "Filial-Apotheke".5. November 1900
Joseph Genius: Übernahme der Verwaltung der Apotheke.18. April 1905
Apotheker Dr. Wilhelm Nagelschmitz Zülpich erhält die Genehmigung zur Fortführung der Filialapotheke in Vettweiß.10. November 1906
Nachdem der Arzt Dr. N. N. Pössel verzogen ist hat sich Dr. N. N. Schaaf in Vettweiß niedergelassen.12. Januar 1910
Dr. Heinrich Schaaf: Niederlassung als Arzt in Vettweiß.22. April 1911
Dr. Wilhelm Nagelschmitz Apotheker erhält die Genehmigung zur Fortführung der Filialapotheke in Vettweiß.29. August 1919
Gründung einer Niederlassung der Schwestern "von den christlichen Schulen der Barmherzigkeit" in Vettweiß.3. Mai 1923
Apotheker Wilhelm Nagelschmitz Zülpich erhält die Konzession zur Fortführung der Filialapotheke in Vettweiß.28. Juli 1928
J. Stahl: Niederlassung als Zahnarzt{Dentist) in Vettweiß.14. Dezember 1933
Gründung einer Sanitätskolonne für den Amtsbezirk Vettweiß.26. Juli 1938
Dr. Reinhold Pyro: Niederlassung als Arzt Vettweiß.16. April 1952
Todesanzeige: Apotheker Dr. Wilhelm Nagelschmitz Zülpich † 12. April 1952 "im Alter von 84 Jahren".17. Februar 1961
Todesanzeige: Apotheker i. R. Anton Runte Vettweiß † 12. Februar 1961 "im Alter von 75 Jahren".Dr. med. Dorothea und Axel Gregorius
Ärztin & Arzt, FA Innere MedizinPraxiseröffnung am 2. Januar 1979 durch Frau Dr. Dorothea Gregorious in der früheren Lehrerdienstwohnung an der Schulstrasse
Ab dem 1. April 1980 am gleichen Standort Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. Axel Gregorious
Praxisneubau "Auf dem Hörstert", heute Küchengasse 14 mit Eröffnung am 16. April 1986. Anschluß der Gymnastikpraxis Lennartz.
Übernahme der Praxis im Jahr 2009 durch Frau Dr. Alexandra Macherey und Herrn Dr. Christian Lyncker