Bereits im Jahre 1939 hatte die damalige Reichsregierung umfangreiche Gesetze und Verordnungen zum Luftschutz erlassen, die ausnahmslos auch umgesetzt wurden. So mutet sich der von dem damaligen Reichsmarschall und Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe, Hermann Göring in einer seiner heroischen Reden ausgesprochene Satz:

„Ehe ein feindliches Flugzeug die deutschen Reichsgrenzen überfliegt, heiße ich Meier“ wie ein Treppenwitz an. Diesem von Wahnwitz strotzendem Satz stand die tatsächliche Entwicklung entgegen, denn auch in Vettweiß realisierte ab dem Jahre 1940 die deutsche Verwaltung umfangreiche Luftschutzmaßnahmen.

Es wurde ein generelles Verdunkelungsgebot erlassen. Die Straßenbeleuchtung wurde abgeschaltet. Sämtliche Häuser und Gebäude mussten so abgedunkelt sein, dass nicht der geringste Lichtschein nach außen dringen konnte. Die Lampen der noch vorhandenen Kraftfahrzeuge wurden so verblendet, dass nur ein schmaler Lichtspalt den Weg zeigte. Da man durch diesen Lichtspalt nur wenig sehen konnte, wurden viele Bäume und Gebäude mit weißen Farbmarkierungen als Orientierungshilfe versehen.
Das Verdunkelungsgebot galt auch für die Pfarrkirche St. Gereon. Es war jedoch bei den großen Fenstern offensichtlich nicht realisierbar, sodass die Gottesdienste nur bei gedämpftem Licht oder bei Kerzenschein durchgeführt wurden. Selbst das ewige Licht musste während der Nachtstunden gelöscht werden. Oftmals wurde auch in der Kirche der Strom abgeschaltet. Das war dann die große Stunde der älteren Messdiener, denn sie durften dann auf der Orgel als Kalkant fungieren und brachten unseren Küster und Organisten Neuhausen manchmal in Schwierigkeiten, indem sie den Blasebalg sehr langsam oder mit kleinen Unterbrechungen traten. Die auf diese Weise der Orgel entlockte Musik entsprach dann kaum den hohen Anforderungen kirchlicher Musik.
Feuerwehrhaus mit SireneAuf dem Feuerwehrhaus, der alten Schule und im Unterdorf wurden Sirenen installiert, die von zentraler Stelle geschaltet die akustischen Signale, Voralarm, Hauptalarm und Entwarnung gaben. In den kommenden Jahren wurden wir oft genug durch deren infernalischem Heulton aus dem Schlaf gerissen. Im Halbschlaf zogen wir den immer bereit liegenden Trainingsanzug sowie warme Pullover an und gingen mit unseren Eltern in den Luftschutzkeller. Dieser war in dem Keller unter der Küche, dem so genannten Pumpenkeller eingerichtet und bestand lediglich aus mehreren dicken Holzbalken, die die Kellerdecke abstützen sollten. Dieser Luftschutzkeller diente in erster Linie der psychologischen Beruhigung, denn wir wären bei einem direkten Treffer alle tot gewesen. Die Einrichtung des Luftschutzkellers bestand aus mehreren provisorischen Eisenbetten, Sitzgelegenheiten und einem Tisch. Auch war der Keller mit einem Notausgang zum Garten hin ausgestattet. Damit ergab sich die Chance über ein Kellerfenster ins Freie zu klettern, falls die normale Kellertreppe ein Verlassen des Kellers nicht mehr zuließ. Im Übrigen waren sämtliche Kellerfenster durch Sandsäcke geschützt oder zugemauert.
Wir verbrachten in diesem Keller zusammen mit Familie Dykstra und den Hausmädchen manche Nacht und viele angstvolle Stunden.
So ging es allen Vettweißer Familien. Man lebte voller Angst und Sorge in vermeintlich sicheren Kellern und Unterständen und hoffte von Bombardierungen verschont zu bleiben.
Es wurde viel gebetet. In brenzligen Situationen betete man den schmerzhaften Rosenkranz sowie mehrere dem Verfasser noch bekannte jedoch heute nicht mehr übliche Gebete zur Gottesmutter. Das alte Sprichwort: „Not lehrt beten“ bekam wieder seine Bedeutung.
In diesem Zusammenhang bleibt als kleiner Exkurs festzuhalten, daß alle Bürger in den Gottesdiensten Trost und Hilfe suchten. So wurde täglich das vom bischöflichen Generalvikariat in Aachen empfohlene „Gebet in ernster Zeit“ gebetet. Es hatte folgenden Text:

Allmächtiger Gott, himmlischer Vater, wir beten Dich in tiefster Ehrfurcht an. Dein ist die ganze Schöpfung. Alles muss Dir dienen. Du lenkst in Macht, Weisheit und Liebe alle Geschicke der Welt. Unerforschlich sind Deine Ratschlüsse, unergründlich Deine Wege. Wir unterwerfen uns Dir und huldigen Dir als unserem allzeit gütigen Vater. Schau vom Himmel herab auf uns. Gedenke, daß Du uns in unendlicher Liebe erschaffen hast, daß wir Dein sind. Erinnere Dich daran, daß Dein lieber Sohn für uns am Kreuze sein Blut vergossen hat. Schütze uns, sei uns gnädig, steh uns bei in den Tagen der Prüfung und Heimsuchung, die über uns gekommen sind. Deiner Vaterliebe empfehlen wir alle unsere Mitbrüder, besonders unsere Verwandten, Angehörigen und Freunde, die draußen im Felde stehen. Du schaust die Gefahren, von denen sie umgeben sind, Du kennst die großen Opfer und Mühen, die sie auf sich nehmen müssen. Sei ihnen ein starker Schutz und Schirm. Segne alles, was sie in treuer Pflichterfüllung tun. Und wenn sie für das Vaterland fallen, dann nimm ihre Seele in Deine mächtigen Hände und lass den heiligen Erzengel Michael sie ins Jenseits geleiten. Erweise auch den Verwundeten Deine Hilfe; erleichtere ihre Schmerzen und gib ihnen Mut und Tapferkeit in ihren Leiden. Flöße uns allen ein unerschütterliches Vertrauen auf Deine Macht und Liebe ein; laß unsere Zuversicht niemals wanken; hilf uns, daß wir Deine Fügungen allzeit demütig und treu annehmen und laß uns alles zum Segen gereichen.
Sieh an die Sorgen und Bekümmernisse der Familien, aus deren Mitte Angehörige im Felde stehen; erweise ihnen Deinen besonderen Schutz. Tröste und stärke mit himmlischer Kraft die, denen Verwandte oder Freunde durch den Tod im Kriege entrissen werden. Laß das Auge Deiner Macht und Güte walten über unsere Jugend. Beschirme und segne unsere Kinder. Führe sie an Deiner starken Vaterhand durch diese Zeit, daß sie der Liebe und Treue gegen die Kirche, das Vaterland und ihre Eltern und Familien gefestigt und gestärkt werden. Himmlischer Vater, wir flehen zu Dir: Laß diese Heimsuchung bald vorübergehen. Lenke die Geschicke der Menschen, daß der Krieg sein Ende finde und unserem Vaterlande ein segensreicher und glücklicher Friede erblühe. Laß Deine Gnade über uns walten, daß wir uns in diesen Tagen als echte Christen bewähren.
Allerseligste Jungfrau Maria, unsere treue Beschützerin, nimm uns alle in deinen mütterlichen Schutz und trage unsere Bitten an den Thron deines göttlichen Sohnes. Amen.

Gleichfalls war das folgende von dem damaligen Bischof von Aachen Johannes Joseph van der Velden bei Kriegszeiten empfohlene Gebet zum festen Bestandteil der täglichen Liturgie geworden.
Gütiger Gott, Vater und König des Friedens, du herrschest über alle Reiche der Erde und ihre Machthaber, erhöre gnädig unser Flehen und mache dem verderblichen Kriege ein Ende, nimm uns in deinen mächtigen Schutz und bewahre unser Land vor der Verwüstung und dem Schrecken der Feinde, damit wir uns ruhiger Zeiten erfreuen und dir in Frieden dienen, durch Christus unseren Herrn . Amen
Nach Meinung des Verfassers ist dieses Gebet in Anbetracht der Vielzahl der auf der ganzen Welt wütenden unerklärten Kriege aktueller denn je.
Der aus dem Nachlass von Frau Johanna Esser stammende und im folgenden abgebildete Gebetszettel, der Großmutter von Günter und Alfons Esser, ist sicherlich noch ein bemerkenswertes Dokument aus der damaligen Zeit.

Totenzettel LuftkriegPersönliche Erinnerungen sowie Erinnerungen meines Bruders Franz-Herbert Courth sowie meines Freundes Gabriel Falkenberg.
Missionskreuz1Im November 1944 bauten wir  zusätzlich hinter dem Missionskreuz im Garten einen Bunker. Er war etwa zwei Meter tief und innen mit dicken Bohlen und Balken ausgekleidet. Die ausgehobene Erde diente dann über dem Bunker als Abdeckung. Nach meiner Erinnerung haben wir den Bunker aber nie genutzt. Nach dem Kriege wurde der Bunker mit Stroh verfüllt und angezündet; er sank in sich zusammen.
Auch der Heizungskeller unter der Apsis der Kirche schien relativ sicher und wurde von der Nachbarschaft als Zufluchtsort, in den letzten Tagen des Krieges sogar als Unterkunft von mehreren Familien genutzt.

ErdstollenDer sicherste Unterschlupf war nicht zuletzt der Stollen im Pionierpark unterhalb der Bahn unmittelbar an der Gladbacher Chaussee. Die Pioniere hatten diesen Stollen gebaut, indem sie einen senkrechten Schacht bis auf die geplante Sohle des Stollens aushoben und von dort aus die einzelnen Gänge mit zwei getrennten Ausgängen nach oben trieben. Die gesamte Anlage diente in erster Linie dem Schutz der im Pi-Park stationierten Soldaten. Später durfte er auch von der Zivilbevölkerung genutzt werden. Während der letzten Kampfhandlungen, die mit der Eroberung von Vettweiß endeten, haben die meisten in Vettweiß verbliebenen Zivilisten hier Unterschlupf gefunden.
Es bleibt zu erwähnen, dass diese Schutzmaßnahmen ausschließlich für deutsche Bürger galten. Kriegsgefangenen und Fremdarbeitern war der Aufenthalt in diesen Einrichtungen nicht erlaubt. Für sie gab es im höchsten Falle Splittergräben im offenen Gelände. So befanden sich für die im Jugendheim untergebrachten französischen Kriegsgefangenen spezielle Gräben unmittelbar hinter der am Dirlauer Weg gelegenen Transformatorenstation, von uns nur elektrisch Häuschen genannt.

Zum Schutz der einzelnen Häuser vor Stabbrandbomben, die Phosphor versprühten mussten auf sämtlichen Speichern zudem mehrere Eimer mit Sand eine Schaufel, eine Löschpatsche sowie eine Handspritzpumpe mit einem Wasserbehälter vorhanden sein.
Die Beachtung der vielen Anordnungen zum Luftschutz oblag einem oder mehreren Luftschutzwarten. Diese übten eine strenge Kontrolle aus. Bei Nichtbeachtung drohten harte Strafen.

In diesem Zusammenhang bleibt noch eine weitere Kontrollinstanz zu erwähnen, die so genannte Landwacht. Zur Landwacht wurden in der Regel vom Wehrdienst befreite Männer dienstverpflichtet. Ihre Aufgabe bestand darin, nachts nach Auffälligem, insbesondere nach entlaufenen Gefangenen Ausschau zu halten. Auch unser Vater war zur Landwacht dienstverpflichtet. Als Bewaffnung hatte er eine kleine Walther Pistole (Kaliber 7,65 mm) mit der entsprechenden Munition. Beides lag offen und für jeden zugänglich in der stets unverschlossenen Schreibtischschublade. Wenn Vater Dienst hatte, dann marschierte er in der Regel auf dem Dirlauer Weg bis zu Hüldens Feldscheune, setzte sich auf einen Strohballen und wartete das Ende seines Einsatzes ab. Mir ist nicht bekannt, dass Vater jemals einen Schuss aus dieser Pistole abgegeben hat, geschweige denn von irgendwelchen außergewöhnlichen Ereignissen berichtete.

Mit Beginn der Westfront am 10. Mai 1940 begann dann auch der eigentliche Luftkrieg, der sich im Laufe des Krieges zu einem Inferno entwickeln sollte. Bereits am 12. Mai 1940 fielen in Düren einzelne Bomben.
B 17Die eigentliche und systematische Bombardierung begann jedoch damit, dass nachts riesige Bomberverbände unser Dorf überflogen. Die Bomberverbände bestanden meist aus den „Fliegenden Festungen“ (B 17 flying fortress), gebaut von der Firma Boeing. Die B 17 war der bekannteste schwere Bomber der US-Luftwaffe im zweiten Weltkrieg. Die Besatzung bestand aus neun Personen. Als Begleitschutz kam die P 51 Mustang, ein außerordentlich schnelles Jagdflugzeug zum Einsatz.
Die Bomber warfen ihre todbringende und zerstörende Last auf Industriebetriebe und die Großstädte unseres Landes ab. Viele Menschen fielen diesen Bombardements zum Opfer, die Zerstörungen waren unermesslich. Manchmal durften wir den Luftschutzkeller verlassen und das für uns Kinder interessante Schauspiel am Himmel beobachten. Wir hörten das Dröhnen der Flugzeugmotoren und sahen die Lichtkegel 88 cmFlak18 7der vielen Scheinwerfer mit deren Hilfe man die Flugzeuge sichtbar zu machen versuchte, damit die schwere Flak mit ihren 8,8 cm Geschützen auf sie zielen und abschießen konnte. Die Abwehrmaßnahmen der Deutschen konnten jedoch trotz vieler kleiner Erfolge die Bombardierungen nicht verhindern, denn die Übermacht der Alliierten war einfach erdrückend.

Nachdem im weiteren Verlauf des Krieges die alliierten Streitkräfte die Lufthoheit über Deutschland gewonnen hatten, flogen diese Bomberverbände auch tagsüber. Es war für uns Kinder immer ein faszinierender Anblick, bei strahlendem Himmel die Flieger mit den nachziehenden Kondensstreifen zu beobachten.
Haus Christoffels KettenheimBis zum 30. November 1944 fand eine systematische Bombardierung von Vettweiß nicht statt, sondern es gab nur einzelne Bombenabwürfe. So wurden das Haus Christoffels in Kettenheim und das Anwesen Kooy an der Dreifaltigkeitskapelle von Bomben getroffen. Es ist anzunehmen, dass es sich hierbei nicht um Zielwürfe sondern Notabwürfe handelte. Die Flugzeugbesatzungen waren nämlich angehalten, bei auftretenden technischen Problemen, spätestens jedoch bei ihrem Rückflug nach den Standorten in Ostengland sämtliche noch vorhandenen Bomben abzuwerfen. Eine Landung auf dem eigenen Flugplatz mit scharfen Bomben war verboten.

Im letzten Kriegsjahr war die Gemeinde in immer stärkerem Maße den Angriffen von Tieffliegern ausgesetzt. Dabei handelte es sich um unmittelbar hinter der Front stationierte Kampf- Jagdflugzeuge.
FlugzeugeWir kannten zwei Flugzeugtypen, nämlich entsprechend unserem Sprachgebrauch die Jabos und die Leitlings. Bei den Jabos handelte es sich um schnelle und wendige Jagdbomber (Republic P-47 Thunderbolt) mit einem Rumpf, während die Leitlings (Lockheed P-38 Lightning) zwei Rümpfe besaßen. Beide Flugzeugtypen tauchten Einzeln oder in kleinen Gruppen zu jeder Tageszeit auf und schossen auf alles, was sich bewegte. Vornehmliche Ziele waren die Züge der deutschen Reichsbahn, Militärtransporte, Güterzüge und Personenzüge. Man schoss zuerst die Lokomotive funktionsunfähig, hatte damit ein stehendes Objekt und konnte mit Ruhe die Zerstörung des gesamten Zuges vollenden.

 

Vierlingsflak auf FlakturmZur Abwehr von Tieffliegern hing an den meisten Personenzügen ein flacher Güterwagen, der mit leichter Flak (Vierlingsflak mit vier 2,2 cm Kanonen) bestückt war. Dies war jedoch nur ein geringer Schutz.
Die Tiefflieger hatten praktisch die Lufthoheit, mithin gab es nur geringe Möglichkeiten sich vor deren Angriffen zu schützen.
An sämtlichen Straßen waren so genannte Einmannlöcher ausgehoben. In diesen konnte man bei unverhofften Angriffen Schutz suchen. Soweit Kraftfahrzeuge auf den Straßen fahren mussten, saß auf dem vorderen Kotflügel immer ein Feindbeobachter; dieser warnte den Fahrer des Autos vor der herannahenden Gefahr. So hatte man noch Zeit zum Verlassen des Fahrzeugs und zum Unterschlupf in ein Einmannloch oder in den Laufgräben.

Die Soldaten unterschiedlichster Waffengattungen lagen zum Schutz vor Tieffliegern tagsüber in den Scheunen, Stallungen und Häusern des Dorfes und zogen abends im Schutze der Dunkelheit an die Front. Von Vettweiß aus konnten wir abends den Kanonendonner der nahen Front sowie den Lichtschein des Kampfgeschehens verfolgen.
Eine Fw 190 im FlugAm 12.September 1944 fand nachmittags über Vettweiß ein Luftkampf zwischen amerikanischen P-38J „Lightning“ und deutschen Jagdmaschinen vom Typ Focke Wulf- 190 statt. Die Amerikaner hatten den Verlust von 5 Maschinen und die Deutschen den Verlust von 3 Maschinen zu beklagen. Zwei amerikanische P-38J stürzten in Vettweiß ab. Einzelheiten dieses Luftkampfes wurden von Jörg Dietsche in einem Bericht der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel umfassend geschildert.
Am Samstag, dem 4. November 1944, stürzte in der Feldgemarkung Vettweiß – Kettenheim abends gegen 23:30 Uhr eine viermotorige Maschine des britischen Bomberkommandos ab. Nach den Unterlagen der RAF war sie am 04. November abends um 17:42 Uhr vom Flugplatz Snaith Goole in der Grafschaft Yorkshire mit dem Ziel Bochum gestartet. Auf dem Rückflug geriet sie in schweren Beschuss durch deutsches Abwehrfeuer, sodass eine Notlandung unumgänglich war und im Raume Vettweiß schließlich zum Absturz führte.
Armstrong Whitworth Whitley 62 HalifaxesEs handelte es sich um eine Halifax der 51. Squadron des britischen Bomberkommandos der RAF, Werk-Nr. LW 177. Mit vier Rolls Royce Motoren von je 1 390 PS. Bei einem Startgewicht von 27 216 kg konnte sie eine Bombenladung von 5 900 kg mit sich führen und eine Strecke von 1 770 km zurücklegen.
Bei dem Absturz fanden alle sieben Besatzungsmitglieder den Tod, denn ihre Fallschirme hatten sich offensichtlich nicht oder zu spät geöffnet.

 Zusammensetzung der Crew:
FO Reay G N Captain (Pilot, Flying officer, Oberleutnant)
Sgt D Thomson, (Sergeant, Feldwebel)
FO Arbon, H G (Navigator, Flying officer, Oberleutnant)
Flt Sgt I B Runciman, (Air Bomber, Oberfeldwebel)
Flt Sgt P J Ambrose, (Wireless Operator Air, Funker, Oberfeldwebel)
Sgt J Hutchinson, (Mid upper Gunner, oberer Bordschütze, Feldwebel)
Sgt J F Maxwell, (Rear Gunner, hinterer Bordschütze, Feldwebel)
Die Toten wurden auf dem Friedhof in Vettweiß begraben. Zuvor hatte man die Leichen gefleddert und ihnen die Fliegerjacken, die Stiefel und teilweise sogar die Socken ausgezogen. Leichenfledderei war übrigens im Kriege Gang und Gebe. Nach dem Kriege wurden sie auf den Rheinberg War Cemetery umgebettet. Hier liegen insgesamt 3 326 Gefallene, die ihr Leben während der Schlachten im Rheinland verloren hatten.

Jahrzehnte nach dem Krieg wird die Anzahl der Zeitzeugen naturgemäß immer geringer, sodass Vieles verloren geht. Gegen das Vergessen hat Irmgard Wüffel, geb. Christoffels dankenswerterweise mir ihre Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit aufgeschrieben. Sie sind ein wesentlicher Beitrag gegen das Vergessen.
„Ich war 9 Jahre alt, als der Krieg ausbrach und war 15 Jahre, als dieser zu Ende ging. Ich kann mich noch genau daran erinnern. In den 6 Kriegsjahren, habe ich viel gesehen und erlebt.
Wir kannten die Juden gut, weil meine Eltern und Großeltern mit den Juden engen Kontakt pflegten. Für uns waren sie Menschen, keine Verbrecher. Die Namen der Juden sind mir noch sehr bekannt, vor allem die Namen, Sommer, Schwarz, Berlin, Pollak usw. Isidor Schwarz hatte eine Tochter Helga, wir kannten sie sehr gut, da sie immer mit uns gespielt hat. Wie haben nie mehr etwas von ihr gehört. Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, weil wir es mit eigenen Augen gesehen haben wie die Mutter von Helga vor der zerstörten Synagoge Blätter jüdischer Gebetsbücher auflas. Wir Kinder konnten es damals noch nicht so ganz verstehen, was da geschehen war, auch als die Juden auf Lastwagen geladen und abtransportiert wurden. Wir merkten wohl, dass etwas Schlimmes passiert war. Auch die Namen der Nazis kenne ich noch.“
Die ganzen Kriegsjahre hatten wir Einquartierung von Soldaten. Auch hatten wir Zwangsdeportierte Männer und Frauen sowie Französische Kriegsgefangene als Hilfen in der Landwirtschaft. Wir haben sie als anständige Menschen erlebt und gut behandelt, denn sie hatten auch Familien zu Hause.
Wir erlebten auch die Kämpfe und Angriffe, welche in Eifel Hürtgenwald stattfanden. Jede Nacht mussten wir in den Keller, weil die Bombengeschwader von England die deutschen Großstädte, wie Köln usw. angriffen. Auch erlebten wir den ersten Granatbeschuss von der Eifel, sie schlugen am ersten Abend unten am Mönchhof ein und verletzten mehrere Schulkameraden, einer blieb tot, es war Josef Schmidt aus Kettenheim. Welche Angst haben wir jede Nacht ausgestanden.
Die Front kam immer näher. Dann wurde am 16. November Düren bombardiert. Die ganze Erde zitterte hier in Vettweiß, wir haben die ganze Zeit im Keller gesessen und die Angst, welche einen bedrückte. Am 29.11. beschossen uns Tiefflieger, die Geschosse flogen uns nur so um die Ohren. Ein Wunder, dass niemand verletzt wurde, wir hatten alle einen ganz besonderen Schutzengel.
Dann kam der 30. November, der Angriff auf Vettweiß. Diesen erlebten wir hautnah. Ich war grade im Kloster Vettweiß. Du hattest dort auch Verwandte. Dies war das Schrecklichste, was uns treffen konnte. Als wir aus dem Keller kamen, war alles zerstört. Dicke Rauchwolken hingen tief am Himmel, alles schwarz von Staub, Schutt und Asche. Als ich mich nach Hause wagte, war unser Haus halb weggerissen, überall Verwundete und Tote. Die Straßen verschüttet, an manchen Stellen brannten die Häuser. Verwandte suchten mit bloßen Händen nach ihren Lieben, auch wir hatten eine kleine Nichte zu beklagen, von Dortu kleine Tochter 3 Jahre. Sie lag tot in der Küchengasse. Es waren über 90 Tote. Am anderen Tag packten wir das Nötigste zusammen und machten uns Jung und Alt in einem Planwagen mit 2 Pferden, die ganze Familie Christoffels und Dortu, auf die Flucht über den Rhein ins Bergische Land und wurden nach Eckhausen Much evakuiert. Dort erlebten wir auch das Kriegsende und sahen die ersten Amerikaner. Im Mai 1945 kamen wir wieder in unsere Heimat Vettweiß zurück. Dort begann das große Aufräumen. Wir waren arm aber zufrieden, wie hatten wenig, aber wir teilten alles.
Eine Anmerkung zum Schmunzeln. Als der Angriff in Vettweiß vorüber war, ging ich vom Kloster nach Hause, die Straße war kaum begehbar, überall Schutt, Staub, Brandgeruch, verwundete Soldaten, Leute alles schrie durcheinander und dazwischen liefen die Hühner vom Frohnhof ohne Federn, wie gerupft nur die Kämme waren zu sehen, da musste man trotz der furchtbaren Situation lachen. Diesen Anblick habe ich bis heute nicht vergessen.
Soweit der Bericht von Irmgard Wüffel.
Abschließend bleibt noch festzuhalten, dass die Vettweißer Bevölkerung durch den Luftkrieg unsagbar leiden musste. Kaum ein Haus und kaum eine Familie blieben verschont. Die materiellen Schäden waren groß. Noch größer war jedoch das kaum noch ertragbare menschliche Leid verbunden mit den seelischen Belastungen.
Was mussten die Menschen alles ertragen? Allein durch den Bombenangriff vom 30. November 1944 wurden 38 Zivilisten, 26 Soldaten sowie fünf junge Zwangsarbeiterinnen aus der Ukraine getötet. Es war die größte Katastrophe, die je über Vettweiß gekommen ist.
Weiter bleibt festzustellen, dass es sich bei diesem Bericht um eine vorläufige Ausarbeitung handelt. Falls ich noch neuere themenbezogene Erkenntnisse gewinne, werden diese gegebenenfalls noch berücksichtigt. Insofern bin ich für jeden Hinweis dankbar. Ganz besonders bedanke ich mich bei Alfons Esser, der meine Ausführungen mit anschaulichem Bildmaterial wesentlich bereichert hat.
Düren, den 25.Juni 2015
Dr. Hermann-Josef Courth