PosthornArchiv Josef EsserVor ungefähr 5000 Jahren wurde die Schrift erfunden und seit dieser Zeit ist es das Bedürfnis der Menschen sich gegenseitig Briefe zu schreiben, Mitteilungen zu machen, Persönliches wie Amtliches auszutauschen.

Ein ausgeklügeltes Post-Netz haben sich allerdings erst die Römer für ihr damaliges Reich ausgedacht. Sie beherrschten an die tausend Jahre weite Teile Europas, Afrikas und sogar von Asien. Um die in einem derart riesigen Reich zu übermittelnden Botschaften zu transportieren, bediente man sich der Reiterei. Nach einer Tagesreise übergab der jeweilige Reiter die Nachricht an einen weiteren Boten, der den Brieftransport ohne Pause für einen weiteren Tag fortsetzte und wenn nötig an den Nächsten weitergab. Eine Art Stafette.

Mit dem Untergang des römischen Reiches verschlechterte sich die eingefahrene Struktur der Nachrichtenübermittlung. Nur noch reiche Leute konnten sich private Boten leisten.

Irgendwann kamen die Bürger auf die Idee reisenden Menschen, die mit ihren Pferdewagen aber auch zu Fuß zwischen den Städten unterwegs waren, ihre Post mitzugeben.

Eine Verbesserung dieser Situation erkennend, stellte Franz von Taxis, ein Italiener, der in Italien bereits eine eigene organisierte Postverbindung betrieb, eine solche für das Gebiet nördlich der Alpen her.

Im Jahre 1490 beauftragte Kaiser Maximilian I. ebenjenen Franz von Taxis damit, ein Postsystem in seinem Reich, zur Beförderung kaiserlicher Dokumente, einzurichten. Eine verbesserte Post entstand. Dieses Jahr wird als das Gründungsjahr der Post gezählt.

Um die anfallenden hohen Betriebskosten einzudämmen, wurde ab 1520 die Beförderung privater Dokumente und Korrespondenzen auch von Privatleuten angeboten.

Nach Ende des 30jährigen Krieges (1648) startete eine der ersten bürgerlichen Reisebewegung, die sich allerdings recht langsam entwickelte, da es an einer generellen Infrastruktur mangelte. Aber der einsetzende Ausbau von Straßen anstelle von Reitwegen ließ die Zahl der Postkutschen stetig ansteigen. Die Beförderungskapazität und die Schnelligkeit der Zulieferung erweckte bei den Menschen ein gesteigertes Mitteilungs- und Austauschbedürfnis.

In nun entstehenden Postämtern werden die eingehenden Sendungen öffentlich ausgehängt. Derjenige, der in Erwartung einer Postsendung ist, muß schon selber nachsehen, ob ihn ein Schreiben erreicht. Werden Sendungen nach einer gewissen Zeit nicht abgeholt, so werden diese durch innerörtliche Boten gegen ein gewisses Aufgeld ausgeliefert. Aus dieser Tätigkeit entwickelt sich der Beruf des Briefträgers.

Der französische Kaiser Napoleon löste 1806 das Römische Reich Deutscher Nation auf, was gleichzeitig das Ende der Post derer von Thurn und Taxis bedeutete, aber keineswegs die Postzustellung, die nun in die Verantwortung der einzelnen Fürstentümer überging.

Der Postvertrieb per Kutsche blieb aber vorerst eine stressige Angelegenheit. So brauchte es für die Fahrt von Berlin nach Köln fast eine ganze Woche. Sammel- und Verteilstelle für postalische Erzeugnisse, das Rheinland betreffend, war Köln. Von hier wurde die gebietsorientierte Verteilung organisiert.

Von Düren aus wurde die behelfsmäßig eingerichtete Vettweißer Poststelle 3 Mal in der Woche per Pferdekutsche angefahren um Briefe, Mitteilungen und Warensendungen auszuliefern, die dann eine weitere mühselige Auslieferung zur Folge hatten.

Mit dem Ausbau des Schienennetzes verlagert sich die Postbeförderung aber nun zusehens auf die Eisenbahn. Köln wird zum Hauptknotenpunkt ausgebaut. Die Inbetriebnahme des Schienennetzes von Köln nach Aachen im Jahre 1841, setzt die rasante Entwicklung des Postwesens weiter fort.

Bedingt durch die neue Streckenführung der Bahn von Düren nach Euskirchen im Jahre 1864, wird auch Vettweiß in die noch schnellere Postbeförderung mit eingebunden.

Die behelfsmäßige Postanlaufstelle erfuhr im Jahre 1865 die Umwandlung in ein zentrales Postamt für Vettweiß und die umliegenden Ortschaften, obwohl Vettweiß zu dieser Zeit zur Bürgermeisterei Froitzheim gehörte. Die nun mit den Zügen ankommenden postalischen Erzeugnisse wurden von der Vettweißer Poststelle, heute Gereonstraße 38, mit Pferdegespannen den Adressaten in den umliegenden Dörfern zugestellt. Die Zustellung erfolgte täglich per Kutsche, wobei Eilsendungen auch per “Bodenpost“ in die betreffenden Orte zugestellt wurden, bei Wind und Wetter, auch zur Winterzeit. Der enorme Anstieg des Postwesens verleitete die Bahngesellschaften den Zügen sogenannte Bahnpostwagen anzukoppeln.

Mit der Erfindung des Telegrafen (1849) und dem daraus weiterentwickeltem Fernsprechverkehr (1881) erfuhr die Nachrichtenübermittlung eine weitere und schnellere Variante. Gemäß staatlicher Anordnung wird die Telefonie alleinige Aufgabe der Postverwaltung. Der Vettweißer Poststelle wird eine öffentliche Fernsprechzelle zugeordnet.

Altes PostamtFoto: Josef Esser

Das Bild (aufgenommen 1890) zeigt die Bediensteten mit der Postkutsche und einer Postkarre vor der Vettweißer Poststelle. Das Schild an der Fassade kündet eine “Öffentliche Fernsprechzelle“ an.

Die Modernisierung ist nicht mehr aufzuhalten, sie schreitet unaufhaltsam voran. Ab 1896 ersetzen Zug um Zug Fahrräder die Kutschen, die Zustellung wird dadurch merklich forciert. Jahre später werden versuchsweise die ersten Kraftwagen im Postdienst eingesetzt. Das Gebot lautete schon zu dieser Zeit: Immer besser, immer schneller.

Doch soll eines nicht übersehen werden. Der Briefträger war im Ort als Beamter eine Respektperson. Er wirkte allein schon durch seine schöne blaue Uniform. Obwohl er dem „Beichtgeheimnis“ unterlag, war er bestens über die Ereignisse im Ort und in der „weiten Welt“ informiert. Wie mag er dies wohl geschafft haben?

Treffend festgehalten dazu der Karnevalsschlager vom Kölner Sänger Karl Berbuer:
Es dat dann nix Marie, es dat dann garnix,
en eigen Hüüsche, wat nit vell koss,
ne Stall voll Küchelche, met decke Büchelche
un nevenbei e Pössche an der Poss.

Und damals wie heute scheint sich der Spruch zu bewahrheiten:
 „Schon die Neugierde allein, macht das Leben lebenswert“.

Durch die unaufhaltsamen Modernisierungen und die Ausweitung des Postwesens stößt die Aufnahmekapazität der Vettweißer Poststelle an ihre Grenzen. Ein Umzug in weitaus größere Räumlichkeiten ist von Nöten. Die Wahl fällt auf das Anwesen der Familie Kappertz, neben dem heutigen Rathaus. Im Jahre 1910 ist der Umzug dann abgeschlossen.

Postamt AussenFoto: Josef EsserSchalterFoto: Udo Keus
Die Bilder zeigen das Postamt von 1910 und vermitteln einen Eindruck des damaligen Schalterraumes. Die Einrichtung wurde bei Auflösung dieser Poststelle 1989 dem Postmuseum in Frankfurt zugeführt.

Dem sich ausdehnenden Postwesen schließt sich die unaufhaltsame Erweiterung der Telegrafie an. Ein Netz von Freileitungen überzieht das Land. Nicht isolierte Drähte, aus Kupfer und Eisendraht, spannen sich von Mast zu Mast, befestigt an Isolatoren aus Glas oder Keramik, die auf Querträgern an den Masten angebracht waren.

Der große Nachteil dieser Freileitungen aber war, dass sie durch Witterungseinflüsse sehr störanfällig waren. Masten fielen bei Sturm um, Drähte vereisten oder zerrissen.

Nicht selten dienten die Isolatoren aber auch Jugendlichen dazu, ihre „Treffsicherheit“ mit Steinen oder mit dem „Flobert“ unter Beweis zu stellen. Dies alles war für die Telegrafen-Leitungs-Aufseher mit überaus harter Arbeit verbunden, wenn Schäden zu beheben waren.

PostmastFoto: HGV      H. Berbuir mit "Kolonne"

PostautoFoto: HGV         Kolonne mit LKW

Als Fortbewegungs- und Transportmittel diente bis 1955 das Fahrrad, ehe den Leitungs-Aufsehern ein Kraftfahrzeug zur Verfügung stand. Bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad, behangen mit Ersatzdraht, Isolatoren und Steigeisen, auf Störungssuche mit abschließender Behebung. Unbestritten, ein gewiss nicht gesundheitsförderlicher „Knochenjob“.

Heute trifft man Freileitungen nur noch gelegentlich in ländlichen Gebieten an, da man sich fast ausschließlich des Erdkabels bedient.

Nach 79 Jahren gehörte die „Ära“ der Poststelle Vettweiß in der Gereonstraße Nr. 16 dann auch der Vergangenheit an. Die “Postverantwortlichen“ hatten sich bereits Anfang der 1970er Jahre für einen Neubau entschieden. Ausgewählt wurde ein Grundstück in der Küchengasse, welches von der Kirchengemeinde, nach Abriß der darauf stehenden, unbenutzten Vikarie, erworben wurde.

Der Baubeginn zögerte sich aber bis zum Juni 1987 hin. Dann, nach einer Bauzeit von annähernd 20 Monaten wurde am 30. Januar 1989 der moderne und 1,3 Millionen DM teure Neubau, um 200 000 DM teurer als geplant, in der Küchengasse im Rahmen einer schlichten Feier vor zahlreichen Repräsentanten der Gemeinde durch die Deutsche Post offiziell seiner Bestimmung übergeben.

PostkutscheFoto: Josef Esser         Mit der Postkutsche durch VettweissNeues PostamtFoto: Josef Esser         Schornsteinfeger Paul Mundt gratuliert
Der offiziellen Übergabe schloß sich dann noch am 9. April 1989 ein Tag „der offenen Tür“ an. Dabei erfuhren die interessierten Besucher, dass alle Dienstleistungen eines großen Postamtes hier in Einheit angeboten würden. Ebenso wurde bekannt, dass 55 Postfächer zur Verfügung stünden und die 7 Zusteller des Postamtes wöchentlich 25 000 Briefsendungen in der Gemeinde Vettweiß mit ihren 11 Ortschaften zustellen würden.

Die Anlagen für die Telekommunikation wurden ausgelagert. Sie befinden sich seit dieser Zeit in einer Anlage, die im Ortsteil Kettenheim errichtet wurde.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Überschuss des „Tag der offenen Tür“ i.H. von 1200,00 DM durch den Amtsvorsteher des Postamtes Düren, Dr. Norbert Detaille, an den Kindergarten der Pfarrgemeinde überreicht wurde. Die Spende nahm Pfarrer Willi Lennarz dankend entgegen.

Doch moderne, hocheffiziente Dienstleistungen „hin oder her“, der staatliche Monopolist Bundespost kommt in eine wirtschaftliche Krise, und wird nach langem politischem Gerangel in drei selbstständige Teilbereiche, Post, Postbank und Telekommunikation, aufgespalten.

Da die durch Aufteilung erhoffte Besserung aber ausbleibt, die jährlichen Verluste sich nicht vermindern, wird als Konsequenz eine Rationalisierung verfügt.

Dieser Maßnahme fällt auch das erst vor 12 Jahren in Betrieb genommene und als hochmodern gepriesene Postamt in Vettweiß zum „Opfer“. Das Postamt schließt im Jahre 2001 seine Pforten. Übrig bleibt lediglich die Verteilstelle der Zusteller.

Eine anderweitige Nutzung der restlichen Räumlichkeiten ist nicht in Sicht. Ebenso wenig, wie eine Veräußerung der kompletten Immobilie sich bis heute nicht realisieren läßt.

Bei den “Entscheidungsträgern“ war die Idee von kostengünstigen Postfilialen gereift. Für Vettweiß wurde als Filiale der Kiosk von Frau Gerda Latz ausgewählt. Diese Postfiliale befand sich im direkten Nachbarhaus zu der ersten offiziellen Vettweiß er Poststelle aus dem Jahre 1865. Die Poststelle, etwas phantasievoll ausgedrückt, kehrte als Filiale fast an ihren Ausgangspunkt von 1865 zurück.

Nach Jahren folgte, wegen Schließung des Kioks, ein Wechsel in die Gereonstraße Nr. 59. Dieser Zustand endete mit dem 27. März 2017. Ohne Vorwarnung wurde die Postfiliale durch das Unternehmen geschlossen, verbunden mit der Maßgabe, dass es für Vettweiß keine neue Postfiliale mehr geben werde.

Dann die verblüffende Wende. Ab dem 30. August 2017 sollte nun doch wieder eine Postfiliale bei vermindertem Angebot und eingeschränkten Öffnungszeiten wieder öffnen. Bald darauf zog die Post wiederum eine „lange Nase“. Ihr Sprecher verkündete, dass die Neueröffnung gescheitert sei, aber die Bemühungen auf einen zufriedenen Vollzug würden unvermindert anhalten. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass besagter Sprecher ein Meister „balsamierender Worte“ ist.

Aber, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Wenn der Spruch auch abgedroschen erscheinen mag, eine erneute Wendung trat, woran niemand mehr so recht geglaubt hatte, ein.

Neueröffnung einer Postfiliale am 16. Oktober 2017. Standort diesmal Gereonstraße 71. Vis-a-vis der ersten Poststelle von 1865.

In den nun zurückliegenden mehr als 150 Jahren hat die Vettweißer Poststelle somit eine „bewegte Vergangenheit“ erlebt.

Diese Vergangenheit zeigt auf, dass es sich oft nicht lohnt an die Zukunft zu denken, denn die kommt, wie aufgeführt, oftmals früh genug, gegebenenfalls getroffene Entscheidungen dann als Irrungen entlarvend.

Denn viele Probleme lösen sich von alleine, wenn man sie nur nicht dabei stört.